Wie wir, Bürger bewegen Vaihingen, uns Stadtentwicklung vorstellen? Kommen Sie mit auf zwei gedankliche Spaziergänge durch Vaihingen. Ein Beitrag von Kandidat Wolfgang Vögele.
Im Allgemeinen versteht man unter Stadtentwicklung ein schlüssiges Konzept wie sich eine Kommune in einem definierten Zeitraum entwickeln soll. Dieser Prozess bezieht sich neben der städtebaulichen und architektonischen Gestaltung auf alle Bereiche die eine Stadt oder eine Gemeinde ausmachen. Also Verkehr und Mobilität, Wohnungsbau, Wirtschaftsförderung, soziales Gefüge, Touristik und weitere Teilaspekte. Dazu gibt es geeignete Instrumente der Umsetzung, die zahlreiche Kommunen bereits mit viel Erfolg anwenden. ISEK, integriertes Stadtentwicklungskonzept, ist ein solches Verfahren, das z. B. in Filderstadt großen Anklang findet.
Vorausschauend planen.
Um wünschenswerte Entwicklungen in diesen Bereichen anzustoßen ist eine vorausschauende, gezielte Planung erforderlich. Bisher gibt es in Vaihingen leider kein schlüssiges Zukunftskonzept wie sich die Stadt in den nächsten Jahren entwickeln soll. Dieser Mangel zeigt sich bereits im Stadtbild. Da keine Visionen, Ideen und Konzepte für die Zukunft Vaihingens vorliegen, können Investoren fast ohne Einschränkung ihre ausschließlich auf Rendite ausgerichteten Planungen realisieren.
Das dies in Zukunft so nicht mehr weitergehen kann, haben inzwischen auch Oberbürgermeister Maisch und der Gemeinderat erkannt. Die Beauftragung eines Expertenbüros zur Entwicklung eines Leitbildes für die Stadt ist ein guter Anfang. Weitere positive Ansätze sehen wir in dem Beschluss sowohl die Gestaltungssatzung von 2008 auf einen neuen Stand zu bringen, als auch einen Gestaltungsbeirat zu installieren. Diese Instrumente müssen dann aber auch konsequent angewendet und durchgesetzt werden. Nur dann lassen sich neue, innovative Ideen und Konzepte entwickeln die eine positive, bürgernahe Stadtentwicklung in Gang setzen.
Die Chance für zukunftsweisende Stadtentwicklung
Verwaltung, Gemeinderat und Oberbürgermeister bietet sich mit dem Verkauf des Geländes zwischen Graben- und Friedrichstraße an eine hiesige Wohnbau Gesellschaft die Chance die neuen Ansätze zur Stadtentwicklung in die Tat umzusetzen.
Um ein ähnliches Desaster wie beim abgebrochenen Bahnhotel zu vermeiden hat die Stadt verschieden Möglichkeiten in die Planung des Investors einzugreifen. So kann sofort die Aufstellung eines Bebauungsplanes beschlossen werden. Der Beschluss hat eine Veränderungssperre zur Folge. So hat die Stadtverwaltung direkten Einfluss auf die Bebauung. Dazu ist es natürlich erforderlich ein Konzept für das Gelände zwischen Graben- und Friedrichstraße zu entwickeln. Idealerweise durch einen Stadtplanungs- und Architektenwettbewerb. Auf Grundlage des ausgewählten Konzepts kann eine Bebauung genehmigt werden. Eine zeitliche Verzögerung entsteht dadurch nicht.
Bebauung Graben-und Friedrichstraße – die Ideen der BbV
Wir von der BbV wünschen uns an diesem Ort eine durchdachte Planung mit Erhalt des denkmalgeschütztes Eckgebäudes an der Friedrichstraße, einer Mischung unterschiedlicher Wohnformen für ältere Menschen, junge Paare, Patchwork Familien, Singel und andere Wohnformen sowie eine intensive Begrünung der Innenhöfe. Wir denken eine gesunde Mischung innovativer Wohnformen fördert die Kommunikation und das städtische Miteinander der Bewohner. Zusätzlich bietet dieser Standort Flächen für einen qualifizierten Einzelhandel. Für die Stadt wird der Verkauf des Geländes zu einem Glücksfall.
Jetzt besteht die Möglichkeit den Bereich entlang der Grabenstraße zu einer innenstadtnahen Einkaufsmaile zu entwickeln. Das Gebiet ist innenstadtnah und durch den öffentlichen Nahverkehr bestens erschlossen. Bereits in dem Einzelhandelsgutachten der Firma Acocella wird der Grabenstraße eine weitaus bessere Lage als dem geplanten Einkaufszentrum in den Köpfwiesen bescheinigt. Mit der gezielten, qualitätsvollen Entwicklung dieses Geländes kann das bisher gestoppte, aber von Oberbürgermeister Maisch und der Mehrheit des Gemeinderats immer noch hochgehaltene Projekt in den Köpfwiesen endgültig zu den Akten gelegt werden.
Wir stehen bereit die genannten Ideen und Visionen zur Stadtentwicklung und die Planung für das Gelände zwischen Graben- und Friedrichstraße mit Rat und Tat zu unterstützen um einen ersten Schritt zu einer neuen, innovativen Stadtentwicklung in Gang zu setzen.
Wir laden den Leser auf zwei gedankliche Spaziergänge ein, die 2 Szenarien beschreiben. Der erste Spaziergang könnte Realität werden, wenn die Stadt mit ihren Stadträten proaktiv agiert und den potentiellen Investoren klar aufzeigt: Das wollen wir haben. Das zweite Szenario kann kommen, wenn wir als Stadt wieder nur reagieren, wenn die Investoren ihre Ideen schon geformt haben – dann ist es aber zu spät.
Spaziergang 1 – kommen Sie mit!
Das Engelgelände bekommt vom Gemeinderat einen Bebauungsplan, worin vorgegeben ist: Mehrgenerationenquartier, Grünflächen und Einzelhandel. Die Stadt zeigt: Was wollen wir an dieser Stelle zum Wohle unserer Bürger haben? Im Mehrgenerationenhaus wohnen betagte Menschen (betreutes Wohnen), junge Familien, Single – einfach bunt gemischt. Das bedeutet: Die Wohnungen müssen kreativ gestaltet sein. Es gibt heutzutage gute Konzepte, wie man Häuser so baut, dass sie für verschiedene Zwecke schnell und günstig angepasst werden können. Wir haben also verschiedene Wohntypen und Größen im Mehrgenerationenhaus auf dem Engel-Gelände. In der Grünanlage (umweltbewusst und der Aufheizung der Innenstadt entgegen tretend) spielen Kinder. Die älteren Menschen sind Teil der Gemeinschaft und sehen tagtäglich nicht nur ihre Altersgruppe. Es können sich Beziehungen des gegenseitigen Helfens aufbauen – Betreuung der Kinder durch die Älteren, Unterhaltung durch die Kinder für die Älteren. Die jungen Familien sind entlastet. Ebenfalls entlastet werden die jungen Familien und älteren Menschen, wenn sie kurze Wege zu Einkaufsmöglichkeiten haben und kurze Wege zum Bus. Die Innenstadt wird belebt, denn rein psychologisch gesehen ist es für Menschen einfacher erst einmal bergab zu laufen, als zu wissen, uff, jetzt muss ich erst den Hügel hoch (Bsp. Enßle Gelände und die fixe Idee, dass dort Einzelhandel die Innenstadt beleben würde). Wir verlassen also gerade das Mehrgenerationen/Einzelhandels-Engelgelände und gehen einen Cafe in der Innenstadt trinken. Das Enßle-Gelände ist nun Kulturstätte. Abends gehen wir in ein Konzert im Enßle-Areal (stört keine Anwohner), danach in der Innenstadt etwas trinken und danach über die Grabenstraße nach Hause. Das nennen wir Lebensqualität.
Spaziergang 2 – hoffentlich nicht!
Stadt und Gemeinderäte lassen den Investoren freie Hand und legen keinen Bebauungsplan fest. Er darf machen, was er will. Dafür verfolgt die Stadt das Konzept, dass am 18. März 2018 mit einem Bürgerentscheid von knapp 5.000 Bürgern abgelehnt wurde, weiter: Einzelhandel im Wasserschutzgebiet Köpfwiesen. Was passiert? Auf dem Engelgelände entsteht nur Wohnraum. Bezahlbar für Besserverdiener oder ein Altersheim. Variante 1: Die jungen Menschen fahren morgens zur Arbeit, abends zurück. Dann nach Hause. Eingekauft wird auf dem Weg. Variante 2: Die älteren Herrschaften aus dem Altersheim mühen sich in die Fußgängerzone – ab und zu. Einkäufe müssen sie sich liefern lassen. Der Weg ist zu weit zum Rewe. Ins Enßle mit den Einzelhandelsgeschäften kommen sie auch nicht. Der Weg ist ebenfalls zu beschwerlich. Die Innenstadt bleibt leer. Im Engelgelände gibt es eine einzige Wohnform und die Menschen, die dort leben, bleiben unter sich. Eine Durchmischung der Altersgruppen/Generationen findet nicht statt. Dadurch keine Belebung und Austausch. Ins Geschäftshaus im Enßleareal fahren die Leute nur mit dem Auto. Es ist ein Parkhaus da und die Bushaltestelle zu weit weg (Enzbrücke, nur eine Buslinie). Wir haben also eine Zunahme an Verkehr in einem Bereich, der eigentlich zum Ausruhen und Entspannung vorgesehen sein könnte. Die Menschen wollen an die Enzterrasse, kommen aber nicht rüber, weil der Verkehr zugenommen hat – weil es nun eine Einkaufmöglichkeit im Enßlegelände gibt. So wollen wir es nicht! Zeit, dass sich was dreht.